Geschichtswissenschaft und KI#
KI-Nutzung: Ergebnisse des Digital-Index 2024/2025#
Die Nutzung von KI hat in den vergangenen Jahren zugenommen und vor allem ChatGPT bietet einen niedrigschwelligen Einstiegspunkt. Der Digital-Index ist ein „jährliches Lagebild zur Digitalen Gesellschaft“ und wird seit 2013, gefördert vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, von der Initiative D21 herausgegeben [D21-Digital-Index]. Der Verein wird von 100 Unternehmen und Institutionen unterstützt (vgl. zum Verein den Registereintrag Initiative D21 e. V. im Lobbyregister des Deutschen Bundestags). Der Index basiert auf Befragungen (online und persönlich) von rund 30.000 Personen für eine Erhebung von Grundlagendaten der Internetnutzung und von rund 6.000 Personen für eine Vertiefungsbefragung [vgl. D21-Digital-Index, S. 6f.].
Wesentliche Ergebnisse der Untersuchung zur Nutzung von KI-Chatbots sind (Quelle: D21#KI):
Nutzung von KI wächst schneller als die Aneignung von KI-Kompetenzen
Nutzung von KI v. a. als Suchmaschine (43 %)
ChatGPT mit Abstand Top-KI-Anwendung
Akzeptanz von KI wegen Erleichterung im Alltag, einfacher Bedienbarkeit, Zeitersparnis
Hürden für Nutzung: Preis, Datensicherheit, fehlerhafte Informationen
Einsatz von KI in der Geschichtenwissenschaft#
Schon kurz nach der Veröffentlichung von ChatGPT wurde die Auswirkung und mögliche Anwendungsmöglichkeiten generativer KI und LLMs in einzelnen Fachdisziplinen diskutiert. In der Geschichtswissenschaft zielen Debatten dabei einerseits auf die Nutzung von ChatGPT als Werkzeug ab – zur Unterstützung beim Brainstorming, beim Verfassen von Texten, bei der Recherche – sowie auf den Einsatz von “KI als Methode” (vgl. zu dieser Dualität [OP25]) – etwa beim Einsatz von LLMs und generativer KI bei Digitalen Editionen [CDF+24]. Auch geht es um die Auswirkungen auf Textproduktion, wissenschaftliches Arbeiten in der Geschichtswissenschaft und den Einsatz generativer KI in Bildung und Lehre.
Aktuelle Diskussionen konzentrieren sich besonders auf generative KI und LLMs. Jedoch gibt es auch schon länger bestehende Anwendungsfelder, vorrangig im Bereich der optischen Zeichenerkennung (OCR). OCR steht für Optical Character Recognition und bezeichnet eine Technologie, mit der gedruckte oder handschriftliche Texte aus Bildern oder Scans automatisch in maschinenlesbaren Text umgewandelt werden. Technisch basiert OCR auf Bildverarbeitung, Zeichenerkennung mittels künstlicher Intelligenz (z. B. neuronale Netze) und einer nachgelagerten Sprachkorrektur. Moderne Systeme wie Tesseract nutzen dabei Machine Learning, um auch schwierige oder historische Schriftarten zuverlässig zu erkennen.
KI-gestützte Technologien werfen dabei auch grundlegende Fragen zur Methodik, Quellenauthentizität und zum kritischen Umgang mit automatisierten Prozessen auf. Wie kann die Geschichtswissenschaft KI sinnvoll nutzen, welche Anwendungsfelder gibt es? Können mit KI historische Fragestellungen erforscht werden, die vorher methodisch nicht möglich wären? Wo liegen die Grenzen der Automatisierung? Wie wirkt sich KI-Einsatz auf bestimmte Bereiche der Geschichtenwissenschaft, zum Beispiel Erinnerungskultur aus? Welche ethischen Überlegungen müssen beim Einsatz von KI in der Geschichtswissenschaft berücksichtigt werden?
Überblick über dieses Kapitel#
In diesem Kapitel werden zunächst wesentliche Anwendungsfelder von KI in der Geschichtswissenschaft dargestellt, mögliche Fehler bei der Nutzung von KI-Chatbots an konkreten Beispielen aufgezeigt, Grundlagen für ein Verständnis von Large Language Models (LLM) und deren Verortung im Feld der Künstlichen Intelligenz vermittelt. Dann wird das Schreiben von Texten mit KI-Chatbots und weitere Anwendungsfelder von LLMs betrachtet, die Richtlinien von Universitäten, die einen Rahmen für die Nutzung bilden, und die Möglichkeiten, mit optimierten Anfragen – dem Prompt Engineering – bestmögliche Ergebnisse zu erzielen. Abschließend werden Leitfragen und Kriterien für einen reflektierten Einsatz und eine Bewertung von KI-Werkzeugen und wesentliche ethische Fragestellungen rund um KI-Chatbots behandelt.
Einleitende Literatur#
Mareike König (19. August 2024). ChatGPT und Co. in den Geschichtswissenschaften – Grundlagen, Prompts und Praxisbeispiele. Digital Humanities am DHIP. https://doi.org/10.58079/126eo
Sarah Oberbichler, Cindarella Petz. 2025. Working Paper: Implementing Generative AI in the Historical Studies (1.0). Zenodo. https://doi.org/10.5281/zenodo.14924737